[Kommentar: Ursprünglich war diese Geschichte als Titel-Story für ein nie zu Ende programmiertes Computer-Spiel gedacht. Im Spiel ging es lediglich darum, ein kleines, sich den Weg durch seine Feinde freiballerndes Raumschiff durch einen Hintergrund von Chips und Leiterbahnen zu steuern. Auch unter diesen Bedingungen wollte ich zeigen, daß die Story nicht ganz so platt werden muß, wie die meisten von ähnlichen Spielen: Bösen, dummdreisten Außerirdischen fällt es urplötzlich ein, in Scharen loszuziehen, um die Erde zu vernichten und ein einsamer Held, mit dem einzigem verfügbaren Superduper- kampfraumer muß sich ihnen entgegenstellen (oder so ähnlich) ...]
Gehetzt wandte sich Misan Teriks alias Konter Fei mitten im Lauf um. Langsam wurde es wirklich knapp. Das Stiefelgetrappel kam immer näher. Gefährlich näher, aber er hatte es fast geschafft. In seinem Ohr meldete sich plötzlich leise der Piepser mit hektischen Quietschlauten. Sein Störsender war also ausgeschaltet und er in diesem Moment wahrscheinlich schon auf einem Bildschirm zu sehen. Als er hinter sich einen verhaltenen Befehlsruf hörte, ließ Misan sich instinktiv zu Boden fallen, sonst hätte er wahrschein- lich ein daumengroßes Brandloch sein eigen genannt. Schnell rutschte er zur gegenüberliegenden Wand, drehte sich um und übersah die Situation hinter sich. Mehrere Soldaten hatten am anderen Gangende hinter dessen Bie- gung Deckung gesucht und wagten sich nur kurz hervor, um mit ihren schwerkalibrigen Militärlasern zu feuern. Er gab ein paar Schüsse in ihre Richtung ab und versengte etwas den Wandbelag in ihrer Nähe. Misan Teriks lag an der Wand so gut, wie ohne Deckung. Die Gangkreuzung war nur noch wenige Meter entfernt. Dadurch, daß sich die Soldaten hinter der rechten Gangecke befanden, während er etwa zehn Meter weiter an der gegenüber- liegenden linken Wand lehnte, hätten sie sich weiter vorwagen müssen, um ihn zu treffen und wären damit in sein Feuer gerannt. Trotzdem würde er bei einem geballten Angriff schnell den Kürzeren ziehen. Ein voreiliger Soldat in schwarzer Uniform warf sich vor, um hinter die gegenüberliegende Gangecke zu gelangen. Teriks feuerte auf gut Glück ein paar mal in seine Richtung und traf ihn tatsächlich am Arm. Der Soldat schrie laut auf, aber irgendwie gelang es ihm noch hinter die Deckung zu kommen. Seine wütenden Kameraden wurden daraufhin dreister und schossen jetzt ein paar Magazine in seine Richtung ab, während sie be- gannen weiter vorzurücken. Von mehreren Treffern über ihm, die sich als schwarze Striemen in die Wand eingebrannt hatten, tropfte heißes Plastik auf seinen Arbeitsanzug. Hier würde er sich keinen Moment länger halten können. Misan Teriks gab noch ein paar Schüsse auf die Angreifer ab, von deren Wirkung er sich nicht mehr überzeugen konnte, da er einen gewaltigen Hechtsprung vorwärts machte. Neben ihm schlugen mehrere Laserblitze ein, als er sich blitz- schnell hinter den linken Gangabzweig der Kreuzung rollte. Ein Feuerstoß mußte ihn gestreift haben. Auf seinem Rücken breitete sich höllischer Schmerz aus und es roch nach ver- branntem Stoff und versengter Haut. Vorsichtig fühlte er mit der linken Hand nach. Aber scheinbar hatte der Laserstrahl die Wunde gleichzeitig zugeschweißt. Teriks gab, ohne sich zu zeigen, ein paar Schüsse um die Ecke ab, um die Soldaten auf Distanz zu halten. Danach kroch er schnell auf eine kleine, kaum erkennbare Klappe zu, die in Bodennähe angebracht war. Als er den Blaster in die Linke nahm und mit der Rechten hastig an einem Tronic-Schlüssel in seiner Innentasche zerrte, regis- trierte er, daß die roten Digitalziffern am Abzug der Waffe nur noch acht Schuß anzeigten. Den scheckkartenähnlichen Schlüssel steckte er in einen Schlitz an der Klappe. Mit einem kleinen, glockenähnlichem Geräusch, sprang sie auf. Dahinter waren ein winziger, im Moment dunkler Bildschirm mit Tastatur und ein roter plombierter Druckschalter zu sehen. Ohne zu zögern riß Misan die Plombe mit einem kurzen Ruck ab und schlug mit der flachen Hand auf den Schalter. Ein starkes Summen begann zu ertönen und als er sich umdrehte, schossen aus der Decke mitten auf der Kreuzung zahlreiche, weiß- gleißende Strahlen, die ein vorerst unüberwindliches Lasergitter bildeten. Zwischen den einzelnen, faustdicken Strahlen gab es nur sehr schmale Spalten. Hinter der Barriere fluchten die Soldaten, die umsonst vorge- stürmt waren, als einer ihrer abgeschossenen Laserstrahlen mit überlautem Gesirre von dem Bollwerk abprallte und als Quer- schläger zurückkam. Noch etwas benommen, fuhr sich Misan Teriks über die Augen. Hatte sich der Einbau des Gefängnisgitters, daß er unter großen Gefahren und hohem Verbrauch von Bestechungsgeldern als Einzel- teile bekommen hatte, also wirklich gelohnt. Er hatte vier Tage dafür gebraucht, es hier einzubauen. Keiner hatte ihn nach dem Grund seiner Arbeiten gefragt, obwohl er sie als Klimaanlagenreparatur auszugeben bereit gewesen war. Auf den Bildschirm, neben dem er lehnte, war Leben gekommen. Zahlreiche Angaben und Daten liefen von unten nach oben durch. Er betrachtete ihn nun genauer und tippte sich zufrieden gegen den Ohrhörer. Tatsächlich war dessen leises Gefiepe verstummt. Die verkabelte Kommunikation in der Westhälfte dieser Stadtebene war zusammen- gebrochen. Mit dem Druck auf den roten Knopf hatte er nicht nur die Laserbarriere in Gang gesetzt, sondern auch ein bestimmtes Signal ausgesendet. Um den Informationsaustausch per Kabel in dem gesamten Bereich lahmzulegen, hätte es nicht ausgereicht irgendwo ein paar der Leitungen zu sabotieren. Also hatte er die Idee gehabt, selbst- gemachte Virenprogramme einzusetzen. Doch trotzdem er ein durchaus guter Programmierer war, wußte er, daß in die hochgesicherten Stadtcomputer, die für das Daten- netz verantwortlich waren, keine noch so unscheinbaren Viren eingesetzt werden konnten, ohne daß sie bemerkt worden wären. Die zahlreichen, über der Deckenverkleidung befindlichen Knoten- punkteinheiten, die einen Datenverlust über die großen Strecken innerhalb Pyronhas ausschließen sollten, waren mit hochentwickel- ten, elektronischen Computereinheiten versehen. Hier hatte er ansetzen wollen. Aber eigentlich waren sie nicht direkt mit der Außenwelt verbunden, damit man an ihnen nicht herummanipulieren konnte. Teriks jedoch ließ sich seine Virenprogramme an normale Daten- sendungen anhängen und wenn diese durch die Knotenpunkte gesendet wurden, koppelten sich die Viren ab und warteten auf ein bestimm- tes Signal, um sich zu aktivieren und die Knotenpunkte außer Betrieb zu setzen. Misan Teriks hoffte, daß die Verwirrung, die er damit stiftete, ausreichen würde, um relativ ungeschoren an sein Ziel zu gelangen. Froh war er jetzt schon mal, als er nach der kleinen Flasche Wundbalsam griff, die er vorsorglich in einer Ecke des Wartungs- faches deponiert hatte. Vorsichtig sprühte er sich seinen Rücken damit ein und dachte an den Grund, warum er hier nicht mehr Verbandszeug gelagert hatte. Wenn er mehr als diese eine Sprühflasche brauchen würde, so war seine Überlegung gewesen, hätte er sowieso keine Chance mehr, es zu schaffen. Langsam stand er auf, stellte die Flasche zurück, schlug die Klappe zu und rannte ohne weitere Verzögerungen weiter. Tatsäch- lich fühlte er auf dem Rücken nur noch eine kühle, etwas taube Stelle. Während seines Laufes sah er kurz auf die Uhr. In seinen Gliedern machte sich langsam die Anstrengung bemerkbar, was seiner Leistungsfähigkeit aber bis jetzt noch keinen Abbruch tat. 'Bei diesem Tempo noch etwa zehn Minuten', dachte Teriks und versuchte sich auf den Weg vor sich zu konzentrieren, wobei er zufrieden feststellte, daß die großen seitlichen Alarmleuchten in den Wänden noch nicht rot aufgeflammt waren. Dieser Ebenenbereich schien mehr kleinere Hallen zu beherbergen, als der, den er gerade eben verlassen hatte. In den Gängen passierte er daher jetzt häufiger eine, von den Schiebetür- öffnungen, die durch das Auflegen der Hand auf eine Digiba- Scheibe geöffnet wurde. Außer den personentypischen Hautlinien, testete sie auch die jeweilige Körpertemperatur und Feuchtigkeit. Ihm fiel ein, daß einer seiner Arbeitskollegen, den die anderen alle nur 'Clown Dolli' nannten, die makabre Wahrheit ausge- sprochen hatte: "`Ne abgehackte Hand draufdrücken, alleine reicht nicht." Jetzt nahm er den rechten Abzweig und lief in einen Gang, in dem hier und da provisorisch ein paar Kisten gestapelt waren, als plötzlich, etwa zwanzig Meter vor ihm auf der linken Seite, mit einem leisen Zischen eine Tür aufglitt und zwei behelmte Soldaten heraustraten. Die Tür schloß sich sofort wieder. Jeder von ihnen trug einen schweren, silberspiegelnden Panzer. Also waren das 'Silberlinge', zumindest wurden diese Spezial- patrouillen von den Einwohnern Pyronhas unter vorgehaltener Hand so genannt. Sie erfaßten die Situation sehr schnell und während der eine sofort die Hand neben die Tür drückte, um sie zu öffnen und Hilfe zu holen, sprang der andere, ein paar Schüsse aus seinem Lasergewehr abfeuernd, hinter ein paar Kisten, die genau gegen- über dem Eingang standen. Auch neben Misan befanden sich einige Kisten, ebenfalls auf der rechten Seite, die ihm eine, leider etwas dürftige, Deckung boten. Die Handüberprüfung an der Tür dauerte einige Sekunden und der Soldat, der dort ohne jede Deckung stand, fühlte sich sichtlich unwohl, während er einen vereinzelten Schuß in Misans Richtung abfeuerte. Teriks mußte aber verhindern, daß noch mehr Gegner kamen, also schoß er zurück. Der Strahl, der den Soldaten in die Seite getrof- fen hätte, prallte von seinem dicken, spezialverspiegelten Panzer ohne große Wirkung ab. Der Aufprall, hatte ihn lediglich etwas durchgeschüttelt. Verbissen drückte er weiterhin seine Hand auf die Tür. Da Misan Teriks wußte, daß die Glieder der Soldaten, auf Grund der Bewegungsfreiheit, etwas weniger geschützt waren, als der Rumpf, schoß er, ohne auf das Deckungsfeuer dessen Kameraden zu achten, ein paar Schüsse auf seine Beine ab. Und tatsächlich mußten sie die Panzerung irgendwo durchschlagen haben, denn der Soldat fiel wie gefällt um. Der Schmerz hatte ihm offenbar das Bewußtsein geraubt. Mit einem weiteren gezielten Schuß zerstörte Misan dann die Digiba-Scheibe. Seine Deckung, die nur aus ein paar porösen Plastikkisten bestand, würde dem nun folgenden Dauerfeuer des zweiten 'Silber- lings' nicht mehr lange standhalten, erkannte er, als sie sich langsam in ihre Bestandteile aufzulösen begann. Der Ergo-Blaster machte durch hastiges, oranges Blinken auf sich aufmerksam. Das Magazin war leer. Schnell drückte er auf die Auswurfautomatik und das leere Magazin klirrte zu Boden. In den Schaft drückte er nun sein erstes Reservemagazin. Überraschend trat er kurz aus der Deckung und feuerte mehrmals auf sein Gegenüber, der sich zu weit hervorgewagt hatte und ein paar Treffer einfing. Allerdings verpufften sie wirkungslos auf seinem Rumpfpanzer. Ehe er zurückfeuern konnte, brachte Misan sich schnell hinter den Kisten in Sicherheit und atmete tief durch. Mit dieser Möglichkeit hatte er aber gerechnet und sich deshalb nicht ohne Grund für seine V 12 entschieden. Ihre obere, ebene Fläche, direkt über der Fusionskammer, drückte er nun erst nach unten und schob sie dann nach hinten weg. Selbstständig erhob sich daraus jetzt ein Mechanismus, der entfernt an ein Zielfern- rohr erinnerte. "Na dann, Waidmanns Heil", flüsterte er leise, seinen Blaster vor sich abhaltend und bereit, mit ihm aus seiner Deckung heraus- zufeuern. Die Waffe seines Gegners schwieg jetzt einen Moment. Vielleicht weil er ebenfalls das Magazin wechseln mußte? Misan überlegte nicht lange, ob es andem war, oder nicht, sondern warf sich vor und rannte, alle Ängste für den Moment ausschaltend, in Richtung des Soldaten. Nach ein paar Metern hatte er ihn im Blickfeld. Tatsächlich stand er da und war dabei, ein Magazin in sein Gewehr einzulegen. Verdutzt sah er auf. Immer noch im vollen Lauf riß Teriks seine Arme hoch und feuerte durch einen halbgedrückten Abzug mehrere Farbkugeln auf den anderen ab. Es kam ihm vor, als laufe alles in Zeitlupe ab. Der 'Silberling' schaute kurz wie ein begossener Pudel an sich herab - sein glänzender Schutzpanzer war mit zahlreichen, großen, bunten Farbklecksen bedeckt. Dann richtete er mit einem Aufschrei die Waffe auf Misan, um zu schießen. Im selben Moment, in dem er quer zur Seite sprang, gab Teriks einen echten Schuß auf den beschmutzten Rumpf des Soldaten ab. Der verfehlte ihn mit seinem unvorbereiteten Laserstrahl nur äußerst knapp, doch plötzlich faßte er sich an seinen Bauch, von dem eine kleine Rauchfahne aufstieg. Der Panzer hatte Misans Volltreffer nicht reflektieren können und ein Loch hatte sich in ihn gebrannt. Misan Teriks war nach dem Sprung indes der ganzen Länge nach auf die Seite gefallen. Unfähig zu feuern starrte er stumm auf den Soldaten, der nur wenige Meter vor ihm nach Luft rang. Er war auf seine Knie gesunken und öffnete noch ein letztes Mal lautlos seine Lippen, um dann vornüberzukippen. Misan verharrte einen Augenblick reglos, um zu verarbeiten, was eben in diesen wenigen Sekunden passiert war. Er hatte gerade zum ersten Mal in seinem Leben einen Menschen getötet, keine Spezialausbildung des Universums konnte ihn darauf genügend vorbereiten. Obwohl Teriks wußte, daß es einmal dazu kommen mußte, hatte er den Gedanken daran bisher verdrängt. Langsam stand er auf, sich unbewußt die schmerzenden Glieder reibend und nahm seinen Blaster vom Boden. Er warf einen Blick auf den Bewußtlosen neben der Tür und ging dann auf den anderen zu, der regungslos hinter den Kisten lag. Misan drehte ihn auf den Rücken und wandte sich dann kreidebleich ab. Da war nichts mehr zu machen. Er atmete tief durch und dachte daran, daß er sich beeilen müßte, wenn er diesen öden Planeten noch jemals verlassen wollte. Ohne weiter zu zögern, setzte er seinen Dauerlauf fort. Immer wieder zogen während des Laufens die Bilder dieser wenigen Sekunden an ihm vorbei. Er mußte sich davon befreien, denn sein Ziel war nah. Der Gang, der sich unendlich weit zu erstrecken schien, endete nun in einer kleinen Halle. Hinter ihr befand sich der hochent- wickelte Raumjäger des Fürsten Lnoli, der für einen Notfall zur Verfügung stehen sollte. Dieser Notfall war jetzt eingetreten, fand Misan Teriks. Niemand würde sich an dem Raumfahrzeug vergreifen, so meinte man. Deshalb stand hier nur ein Posten Wache und der war noch dazu in eine auffällige, bunte Paradeuniform gekleidet. Die Halle hatte einen dreieckigen Grundriß. In der Mitte der längsten Seite befand sich der türgroße Eingang zu dem kleinen Nothangar. Genau dort stand auch der Posten, auf sein riesiges, altertüm- liches Lasergeschütz gestützt. Sonst war die Halle menschenleer. An jeder Ecke des Dreiecks endete ein Gang. Misan befand sich im Linken und verbarg sich hinter einem Vorsprung, um seine Nerven noch etwas zu beruhigen. 'So kurz vor dem Ziel machst du nicht schlapp', sagte er sich und das Zittern seiner Hände begann langsam zu schwinden. Breit- beinig sprang er in die kahle, schlecht beleuchtete Halle und richtete seinen Blaster auf den Posten: "Okay, ganz ruhig. Keine falsche Bewegung und laß deine Waffe fallen, Mann - sofort!" Seine Stimme schallte gespenstisch von den Wänden wieder . Doch der Posten reagierte sofort - und ließ seine Waffe zu Boden gehen. Vorsichtig ging Teriks auf ihn zu: "Los Hände hoch!", herrschte er ihn an. Als er den Wachposten erreichte, ließ Misan ihn sich gegen die Wand lehnen und durchsuchte ihn nach weiteren Waffen. Tatsächlich fand er einen Lasovolver, den er weit ins Dunkel der Halle schleuderte. "Was wollen Sie?", fragte der Posten, ein junger, gedrungener Mann, ängstlich. Misan antwortete nicht, sondern zwang ihn, seine Hand auf die Digiba-Scheibe neben der Tür zu legen. Tatsächlich schob sie sich in die Wand. "Unklug die Identität des Postens in die Platte einzuspeichern", murmelte Teriks. Dann gab er dem Posten mit dem Griff seines Blasters einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf, um ihn Bewußtlos zu machen. Eigentlich haßte er Gewalt, aber diese Methode war die beste Lösung für beide. Und als Geheimagent hatte man oftmals keine andere Alternative. Dann trat er durch die schmale Tür, die sich hinter ihm sofort wieder schloß. *** "Ich will augenblicklich wissen, was dieser verdammte Spion ange- stellt hat, um die halbe Kommunikation Pyronhas lahmzulegen!", schrie Fürst Lnoli wutentbrannt. Selbst sein dunkler Spitzbart zitterte dabei lebhaft, stellte Hike Hammerhart, Chef des hiesigen CIB schadenfroh fest, der ihn interessiert beobachtete. "Halten sie hier nicht Maulaffen feil, sondern unternehmen sie gefälligst etwas, Oberst!", entlud sich des Fürsten Wut nun auch auf ihn. "Zu Befehl, Großfürst", antwortete er betont schneidig und wandte sich ab. Nervös trommelte der Fürst mit seinen Fingern auf den Armlehnen seines Throns herum. Immer noch trafen keine positiven Nachrich- ten ein. Der Cheftechniker der Stadt kam herangehetzt und nahm vor dem Thron Haltung an. "Nun Techniker Harjalas. In wieviel Minuten wird Pyronha wieder problemlos kommunizieren können?" Der Fürst betonte den 'Techniker' besonders, da er von Zivi- listen im allgemeinen nicht viel hielt. "Sir, Großfürst", rief der Cheftechniker aufgeregt, "Das wird noch Stunden in Anspruch nehmen. Wer das angerichtet hat, muß ein Spezialist gewesen sein. Er hat alle Signalverstärker durch Computerviren außer Gefecht gesetzt." Mit einer müden Handbewegung winkte Fürst Lnoli Harjalas weg, er fühlte sich zu ausgelaugt, um sich in einem weiteren Wutaus- bruch abzureagieren. "Wir denken, daß wir jetzt das Ziel dieses Konter Fei kennen, Großfürst", meldete sich Oberst Hammerhart wieder. "Was ist es?", fragte ihn Lnoli. "Der Not-Hangar mit ihrem persönlichen PLUS-Gleiter. Er wird fliehen wollen." "Das ist mir klar, daß er fliehen will", fuhr ihn der Fürst an, "Sie müssen ihn unbedingt aufhalten!" Hammerhart runzelte die Stirn: "Ich kann leider keine Wachein- heiten oder CIB-Männer in der Nähe des Hangars erreichen. Das einzige was ich tun könnte, ist einige meiner Agenten von hier aus loszuschicken, aber selbst in einem TURBOMIL dürften sie eine ganze Weile dorthin brauchen." Dem Großfürsten fehlten im ersten Moment die Worte. "Soll er etwa mit einem unserer modernsten Raumgleiter und dem einzigen Prototyp einer vernichtenden Waffe aus unserer Stadt, die voll ist von Soldaten, entfliehen können? Das würde mich zum Gespött der NASO machen. Wer weiß ob der König noch zu mir halten würde?", brach es nach einem kurzen Räuspern dafür um so intensiver aus ihm hervor. 'Das wäre kein schlechter Nebeneffekt', fuhr es Oberst Hammer- hart unwillkürlich durch den Kopf. Laut sagte er: "Das wird nicht passieren, Großfürst. Sollte es dem Agenten gelingen, mit dem Jäger zu entkommen, wird ihn unsere im Orbit stationierte Raumflotte abfangen. Dem Rostblock lassen wir diese unschätz- baren Güter nicht in die Hände fallen. Wenn sie erlauben, werde ich sofort die notwendigen Anweisungen geben." Hike Hammerhart zog sich verneigend zurück. Nachdem er ein paar Befehle in sein Kehlkopfmikrofon gesprochen hatte, die die NASO- Flotte im All instruieren sollte, winkte er einen seiner Unter- gebenen zu sich: "Leutnant, geben sie jetzt den Befehl an die Agenten weiter, daß sie eingreifen können!" "Aber Oberst, schon direkt nach dem Defekt hätten wir sie akti- vieren können... ", wandte der CIB-Offizier ein. Er spielte auf das geheime, unabhängige Kommunikationssystem des NASO-Geheimdienstes an, von dem selbst Fürst Lnoli nichts wußte. Hike Hammerhart, der sich schon abgewandt hatte, drehte sich energisch um: "Führen sie unverzöglich ihren Befehl aus oder ich muß sie ersetzen lassen!" Der Leutnant wußte, was das bedeutete und schluckte: "Zu Befehl, Sir." Er salutierte und ging dann hastig in Richtung des Haupt- zentralenausgangs davon. 'Du hast deine Chance gehabt, Konter Fei oder wie du auch heißen magst, dachte Oberst Hike Hammerhart. *** Misan Teriks sah sich kurz in dem relativ kleinen Hangar um, den er betreten hatte. Außer dem einen großen, brandneu wirkenden Raumgleiter war aber nicht viel interessantes zu sehen. Die Stirnseite der quaderförmigen Halle war ein einziges riesiges Tor, daß sich, wie er wußte, von dem Gleiter aus öffnen ließ. Langsam ging er auf den schnittigen Raumjäger zu. Seine Konstrukteure hatten scheinbar eine große Portion Humor gehabt, denn an den Seitenflächen stand in großen, blauen Lettern: 'PLUS' und klein darunter: "Prima Leben Und Sterben". Oder sollte dies eine Warnung sein? Misan machte sich jetzt lieber keine unnötigen Gedanken deswegen, sondern fing an, die an der linken Tragfläche eingehackte, dünne Plastikleiter hinaufzusteigen. Plötzlich war ihm als hätte er ein kurzes Piepen in seinem Ohr- hörer wahrgenommen. 'Das kann gar nicht sein', dachte er, 'jetzt kriege ich schon Sinnestäuschungen vor Abgespanntheit.' Oben angekommen hakte er die Leiter aus und ging vorsichtig auf das flache Cockpit zu, das sich kaum vom stromlinienförmigen Leib des Raumfahrzeugs abhob. Dabei fiel ihm ein kurzes Stativ mit Kugelgelenk auf, daß direkt hinter der Einstiegshaube fast wie eine Antenne aufragte. Das kleine drehbare Geschütz, was eigentlich darauf gehörte, fehlte. Prüfend zog er das neuartige Gerät aus seinem Overall, für das er schon soviel gewagt hatte. Könnte es klappen ? Er betrachtete die Waffe genau von allen Seiten, wobei ihm auf- fiel das die Bezeichnung 'Defluxtrusator' nur klein aufgedruckt war. In großer Schrift eingeprägt war jedoch das Wort 'REPIX' . Prüfend setzte Teriks das Gerät auf das Stativ und siehe da, tatsächlich schien es wie dafür gemacht. Jetzt mußte er nur noch das rote und das blaue Kabel, die aus dem REPIX-Gerät herauslugten in die richtigen Buchsen unter dem Kugelgelenk stecken. Leider waren dort keine Symbole angebracht, so daß er sich für eine von zwei Möglichkeiten entscheiden mußte. Misan Teriks hoffte, daß er die richtige genommen hatte und bückte sich, um die durchsichtige Cockpit-Haube anzuheben, die sich mit einem Schmatzen öffnete. Jetzt, wo er in dem bequemen Sitz Platz genommen hatte, studierte er die Schiffskontrollen vor sich. Misan fand sich schnell ein, da er schon einmal einen ähnlichen Typ geflogen hatte. Er zog die Haube über sich hinunter, bis sie sich wieder mit einem Sauggeräusch schloß. Dann drückte er auf den goldgelb blinkenden Schalter auf dem das Hallentor abgebildet war, das sich auch sofort geräuschlos öffnete. Zufrieden fuhr er die Turbinen hoch, hob ab und beschleunigte, um aus dem Hangar herauszukommen. Der Tank und die Akkus waren voll, wie ein kurzer Blick seine Erwartungen bestätigte. Also konnte es losgehen. Als er in den rotgrauen Himmel hineinschoß und die riesige Pyramidenstadt Pyronha hinter sich verschwinden sah, konnte er dort einige kleine Silberpünktchen erkennen, die sich ebenfalls von ihr gelöst hatten. Er beschleunigte zusätzlich und etwa eine Minute später hatte er die Atmosphäre von 'KATARRHUS' hinter sich gelassen. Misan Teriks wußte, daß es noch nicht so einfach ausgestanden sein würde. Doch ein paar Minuten Flug durch das All hatte er Ruhe vor Feinden. Und er stellte fest, daß KATARRHUS von weiter weg gar nicht so übel aussah. Als er dessen zweiten Mond hinter sich gelassen hatte, hingen sich mehrere NASO-Abfangjäger an sein Heck und begannen sofort mit ihren Bordgeschützen zu feuern. Sie mußten wohl von einer Mondbasis gekommen sein. Obwohl er jetzt viele Haken schlug und seinen PLUS-Jäger hoch- und runterzog, um ihren Schüssen zu entgehen, kamen sie langsam immer näher. Die Beschleunigungswerte des PLUS waren also nicht wesentlich höher, als die anderer Raumgleiter. Seine Vorzüge mußten auf anderen Gebieten liegen. 'Wahrscheinlich Reichweite, oder so', verschwendete er einen kurzen Gedanken daran. 'REPIX', dachte er dann und musterte die Waffenauslöser auf seinem Steuerknüppel. Als er ohne zu zögern auf den roten Knopf für die Heckwaffe drückte, hatte das unglaubliche Konsequenzen. Was eigentlich mit seinen Verfolgern hätte passieren sollen, wirkte sich jetzt scheinbar auf ihn aus. 'Das waren also doch die falschen Kontakte gewesen', dachte er noch. Ihm war,als ob der ganze Raumgleiter in die Waffe hinein- gezogen würde. Blitzschnell tauchte der Lauf der 'REPIX'-Waffe vor ihm auf, die Miniaturisierung mußte also in einer wahnsinnig hohen Geschwindigkeit vonstatten gehen. Mitten im Trudeln des kleiner werdens tauchte plötzlich neben seinem PLUS-Jäger ein großer Metallblock auf. 'Das ist also mit ihm passiert', dachte Misan, bis er mit seinem Gleiter für einen Augenblick in absolute Dunkelheit eintauchte. THE END... Teil 1 erschien in der letzten Ausgabe (Nr. 3) des AmZeigers.
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